Wie die Reise von Gilroy aus nach Los Banos war, habe ich Euch ja schon erzählt – Speichersee, Litter Lane…… Also ging es am anderen Tag weiter von Los Banos Richtung Fresno. Über hundert Kilometer fuhren wir topfeben durch riesige Plantagen von Baumwolle, Mandeln, Pistazien, Orangen, Knoblauch und Tomaten. Es müssen Hunderttausende von Bäumen sein, dazwischen immer wieder Reben. Was wir auch noch gesehen haben und ich Euch zeigen möchte, ist ein Antennenturm, den die Leute dort mit Plastikteilen so geschmückt haben, dass es aussieht, als wäre es ein Baum. Ist auch eine Möglichkeit, so ein hässliches Ding, von mir sooo geliebt, zu kaschieren. Wie Baumwolle wächst, darüber habe ich mir bis jetzt keine Gedanken gemacht, aber nun wissen wir, warum die Baumwollpflücker Red Necks heissen. Die Dimensionen in diesem Land sind einfach sagenhaft, alles ist um einiges grösser als bei uns. Das ist ja auch klar, bei uns könnte man mit einem solchen Pflug zwei Mal durchfahren und das Feld wäre bestellt. Und ich weiss jetzt auch, wie die Kalifornischen Weinbeeren entstehen, auch das habe ich Euch dokumentiert. Wenn man bedenkt, dass die Felder dermassen gross sind, muss es eine Heidenarbeit sein, die Traubenbeeren schön säuberlich auf Papier zum trocknen auszulegen.
Fresno – eine Stadt ohne Leute
Das hatten wir zumindest das Gefühl, als wir nach einer heissen Etappe (temperaturmässig) in Fresno eintrafen. Kaum jemand war auf der Strasse unterwegs, die Stadt schien wie ausgestorben. Uns war das recht, mussten wir so doch nur einmal den Sheriff fragen, wo das Hotel Radisson sei. Nachdem wir uns etwas abgekühlt hatten – wir haben nie geglaubt, dass wir um diese schrecklichen Klimaanlagen noch mal froh wären – machten wir uns auf, die Stadt etwas zu erkunden. Die Hitze war aber mit sicher 36° dermassen unerträglich, dass wir bald in eine Brauerei flüchteten und unseren Durst mit Bier stillten – selbst ich, wo ich eigentlich nie Bier trinke. Ausser hier in Amerika und vorzugsweise Schwachstrom (Coors light) mit Grapefruitsaft drin. Wir sassen also an der Bar, neben uns ein Pärchen. Und es ist einfach so, wenn von zwei Personen eine austreten muss, fängt die andere mit den anderen Leuten an zu quatschen. Dies war auch hier der Fall, die Lady neben mir wollte alles über uns wissen und war total begeistert. Aufgefallen ist uns, dass wir öfter nach unserem Alter gefragt werden, das wir ohne Probleme angeben können. Auf jeden Fall hat sie ihrem Freund nach dessen Rückkehr alles erzählt und als sie gingen, hat sie uns umarmt und abgeküsst und beide wünschten uns alles Gute und eine sichere Reise. War echt herzig, dieses Verhalten.
Am anderen Morgen konnten wir bereits ohne Jacke oder Gilet starten, es war schon etwa 16°. Gleich zu Beginn kamen wir wieder an Homeless People vorbei, wobei die Polizei mit zwei Autos vor Ort war und sie aufforderte, ihre Lager zu räumen und zu gehen. Wir machten dann auch, dass wir wegkamen, nicht ohne vorher noch eine Foto gemacht zu haben. Das war ein erster Adrenalinschub, der zweite folgte bald. Wir sahen schon von weitem, dass sich Hunde auf der Strasse herumtrieben, aber dass sie sich gleich zu dritt aus einem Gebüsch auf uns stürzen würden, hatten wir nicht erwartet. Also hiess es „ab in die Pedalen“. Überhaupt, mit den Hunden hatten wir es gestern und heute nicht so – manche waren ganz friedlich, andere waren richtige Scheissköter! Und das sage ich, die doch nie Angst vor Hunden hat! Auch gestern ging es an unendlichen Feldern wie oben bereits erwähnt, vorbei. Ach ja, vor Fresno trafen wir noch einen weit entfernten Verwandten von Johnny Cash, mit dem wir länger sprachen. Er warnte uns davor, am Abend in Fresno auszugehen, es wäre ziemlich gefährlich. Und wie wir gestern aus dem Fernsehen vernommen haben, stimmt das auch, wurden doch vorgestern, als wir am morgen noch in Fresno waren, zwei Morde verübt. Aber nun weiter zur Strecke Fresno – Visalia. Sie war wie immer, die Strassen mal besser, mal schlechter, die Hunde gleich blöd wie immer, aber wir trafen dann doch irgendwann in Visalia ein. Dort fühlten wir uns sehr gut beschützt, denn das Headquarter der Region befand sich fast direkt neben dem Hotel. Visalia ist ein wunderschönes Städtchen, das wir mit dem Velo noch ausgiebig erkundeten, bevor wir dann zum obligaten Italiener essen gingen. Von Visalia aus ging es weiter zum klingenden Namen „Kettelman City“. Von wegen City – das Dorf hat nicht einmal halb so viel Einwohner wie Feuerthalen. Ein paar Häuser, ein Laden, genannt Bravo-Farms, aber immerhin mit einen Käseladen und super Salami sowie einem Wine-Tasting Room. Viele regionale Erzeugnisse konnten hier erworben werden. Imposant ist die grosse Scheibe eines Mammutbaumes, die etwa 3000 Jahre alt ist. Ich habe die Infotafel gleich nach der Foto des Baumes eingestellt. Die kleinen Dinger auf der Foto mit dem weissen Tuch sind übrigens rohe Pistazien, die ich unter Einsatz meines Lebens von einem Baum geklaut habe *grins*. Apropos Mandeln, Pistazien etc. Dieser Anbau muss rentieren, denn wir sahen viele herrschaftliche Landsitze mit wunderschönen, gepflegten Gärten. Eine Augenweide in dieser sonst teilweise öden Landschaft. Vorallem gegen Kettleman City hatten wir das Gefühl, wir fahren in die Wüste. Dazu war es heiss wie verrückt. Und die Bäume, die rote Früchte tragen, das sind Granatapfelbäume. Leider konnte ich nicht näher herangehen, zum einen haben die Bauern tiefe Gräben zwischen Feldern und Strasse gezogen, damit sie die Früchte bewässern können und zum anderen fürchte ich die Schlangen, die sich immer wieder auf dem Pannenstreifen sonnen.
Übrigens haben wir gestern eingangs Visalia den ersten lebenden Kojoten gesehen. Er sass im Feld, hat sich dann aber, gerade als ich ihn fotografieren wollten, hingelegt. Und da das Feld und er goldbraun sind, hätte eine Foto nichts gebracht – nicht wie beim grossen Bären, bei dem man immerhin noch die Ohren hinter dem Busch gesehen hat. Die anderen Kojoten, die wir gesehen haben, waren leider alle flach wie eine Flunder……..
Und dann noch etwas: das wir eine sehr ungewöhnliche Route für Radfahrer gewählt haben, merken wir daran, dass wir seit unserem Start in Vancouver nur gerade fünf Velotouristen gesehen haben. Einer noch in den Bergen in Kanada, zwei von Walla Walla herkommend und zwei nach Hood River. Genau wie uns in den letzten Tagen bis gestern keine Wohnmobile oder Wohnwagen begegnet sind. Heute hat sich das aber geändert und zwar, als wir auf den 41er einbogen. Da kamen sie wieder.Das sind die Touris, die vom Yosemite National Park herkommend auf den 5er oder Richtung Küste fahren.
Na also, wir fuhren, nachdem ich noch etwa 50 wilde Katze gefüttert hatte, die sich vor dem Hotel rumtrieben, aber ganz zufrieden aussahen, ziemlich früh für uns Richtung Paso Robles. Drei Pässe – Mist! Der erste war noch erträglich, der zweite ging auch, ausser dass es immer heisser wurde und der dritte war einfach nur wäh. Sogar die drei Radrennfahrer, die uns irgendwann einholten und sich lange Zeit vor uns den Berg hinaufkämpften, mussten sich ihre Radtour hart erringen. Oben sahen wir auf die Ebene, die wohl früher mal ein Salzsee gewesen sein muss und wo wir endlich mal eine Abfahrt hatten. Aber es kam uns vor, wie wenn wir durch die Mojave Wüste fahren würden, die wir ja auch zur Genüge kennen. Ein kleiner Unterschied war, dass es doch ab und zu, wenn auch selten, etwas Grün hatte (wir vermuten Weinberge) und ein paar Bäume und man stelle sich das vor, dazwischen ein Haus – genannte Bauernhof. Es ging also weiter mit Ups und Downs, aber irgendwann kamen wir doch in Paso Robles an. Es war über 36 Grad warm und so mussten wir zuerst ein Bier haben. Ich wie gewohnt mit Saft und einem Coors light, Théo bevorzugte die grössere und stärkere Variante. Das konnten wir auch, unser Hotel lag gleich nebenan. Und wer jetzt das Gefühl hat, wir würden ja nichts von den Städten sehen, der irrt sich. Wir nehmen nach dem Duschen und etwas relaxen das Velo und erradeln die Stadt. So sehen wir viele interessante Dinge. Heute Samstag morgen nun starteten wir in Paso Robles mit Jacke und Langarm. Es war gegen gestern saukalt geworden, ich glaube, das ist der Einfluss des Pazifiks, der nicht mehr weit entfernt ist. Wir begaben uns also auf den Weg Richtung Santa Maria, uns von früheren Velotouren bereits bekannt. Eigentlich hätte es eine lockere Tour werden sollen, zwar viele Kilometer, aber keine nennenswerten Berge. Denkste! Den einen fiesen Berg hat Théo schon erwähnt, was die Strassenbauer aber noch fieser eingebaut haben, war der Trail für Bicycle und Wanderer. Zuerst aber mussten wir ein Stück auf dem Highway 101 fahren weil Radfahrer für ein Stück keinen Radweg haben. Ich bibberte, stand doch die Highway Patrol vorne und lenkte die Autobahnfahrer auf eine Spur statt deren zwei. Da mussten wir auch durch, doch es war in Ordnung. Und die Lastwagenfahrer sind wie die Hunde, die ich oben beschrieben habe – die einen sind einfach saublöd und fies und die anderen total nett. Und so einen hatten wir auch. Er ist die ganze Baustelle hinter uns gefahren und hat uns vor dem Verkehr beschützt, obwohl er locker hätte überholen können. Wir haben uns dann auch bei ihm mit Handzeichen bedankt, was er mit Hupen und Winken quittiert hat. Also, dann ging es weiter mit auf und ab und die Strecke war in Ordnung, bis wir, ja bis wir zu dem fiesen Pass kamen. Wir mussten ja da durch, also nahmen wir ihn in Angriff. Aber dann kam das Beste – mit mehreren Tafeln wurde gewarnt, dass es Bären auf der Autobahn haben könnte. Und was wollen die? Bicycle und Wanderer bitte rechts auf den Trail. Der Trail war mit einem Tor abgetrennt. Also hätten wir in das Gebiet der Bären reinmüssen und nein, DAS machen wir nicht! Wir sind doch nicht lebensmüde. Der Trail führte echt durch eine wilde Landschaft und für Bären wie gemacht. Spinnen die eigentlich? Nicht mit uns. Wir sind also die Autobahn hoch und haben dann gesehen, dass uns eine steile Abfahrt bevorsteht. Wir hatten teilweise 53/km Stunde auf dem Tacho. Darum mussten wir auf einem Parkplatz wie die Lastwagen oben einen Breaktest machen, damit uns die Bremsen nicht heisslaufen. Da konnte ich wenigstens grad noch ein paar Fotos machen. Schliesslich kamen wir in San Luis Obispo an, wollten eigentlich weiterradeln, aber sahen einen traumhaften Italiener, dem wir nicht widerstehen konnten. Die Bruschetta und die Spaghetti mit Meeresfrüchten war sagenhaft gut. Aber wir haben beides geteilt, denn die Erfahrung hat uns gezeigt, dass es immer viel zu viel Essen ist für eine Person. Und zum radeln ist es eh besser, man hat den Magen nicht so voll. Okay, wir dachten, als wir um zwölf starteten, diese 30 km machen wir jetzt noch locker nach Santa Maria, wo wir übrigens vor zehn Jahren auf unserer damaligen Velotour auch schon waren. Es ging schön weiter, wir waren guter Dinge, als nochmals so ein mistiger Berg auftauchte. Waren wir froh um die paar Spaghetti, die wir im Magen hatten. Der Berg entpuppte sich nochmals als einen Pass, mit dem wir nicht gerechnet hatten. Der war im Google nur als kleiner Spitz eingezeichnet. Aber es war brutal. Was haben wir geflucht…. Immerhin ging es danach wieder eine ganze Weile runter, sodass wir uns wieder erholen konnten. Die weitere Strecke war mehr oder weniger flach, Wellen hat es halt immer wieder. Dank der Velovereinigung von Santa Maria mussten wir nicht zu Fuss durch das ausgetrocknete Bachbett, sondern konnten auf einem ganz passablen Bypass der Autobahn in Santa Maria einfahren, wo wir direkt an unser Hotel kamen. Nach dem üblichen Duschen und dank der Suche im Internet fanden wir dann ein Swiss Restaurant, wo wir unseren Durst und Hunger stillten. Es ist noch zu sagen, dass an der Küste den ganzen Tag Nebel herrschte und die Temperaturen von gestern von 36 Grad in Paso Roblas brutal nach unten sanken. Wir froren sogar ab und zu und ins Restaurant mussten wir beide unsere Jacken anziehen.
Dass es am Abend vorher sehr kalt war, habe ich ja schon erwähnt. Darum zogen wir am Morgen gleich unsere Gilets und darüber die Jacken an, was sehr vernünftig war, denn es war wirklich kalt. Vorher allerdings hatten wir noch ein ganz herziges Erlebnis – eine Katze sass im Frühstücksraum und wartete ganz offensichtlich darauf, auch gefüttert zu werden. Ich ging dann unauffällig zu den Scrambled Eggs und nahm ein bisschen, das ich der Katze hinstellen wollte. Die scharfen Augen der Frühstücksmaid jedoch machte dieses Vorhaben zunichte! Der Portier rief sie mit einem Päckchen Trockenfutter, die die Katze dann genüsslich verzehrte. Und die Chef-Rezeptionistin entschuldigte sich tausendmal, dass eine Katze im Frühstücksraum sitzen würde. Dabei war die so süss! Wir sahen dann beim Wegfahren nochmals zwei weitere Katzen – das Best Western ist das einzige Hotel, das sich offenbar Katzen hält. Wie die Route dann war, hat Théo schon zur Genüge beschrieben – es war wirklich locker und wunderschön. Erstaunlich, wie viele Rebberge in den Hügeln versteckt sind. Zum Teil haben wir ganz hinten am Berg herrliche Rebberge gesehen – so steil wie fast der Schiiterberg in Andelfingen (Himmelsleiterli). Das Restaurant in Los Alamos, wo wir den ersten Halt einschoben, war sehr sauber und vorallem der Gastgarten draussen herrlich. Das ist nicht selbstverständlich, die meisten Leute wollen drinnen sitzen – naja, dort läuft ja schliesslich auch der Fernseher. Weiter ging es dann in Richtung Buellton, wo wir die Avenue of the flags anschauten. Dieses Denkmal hat damals Mr. President Reagan bei der Eröffnung des Highway 101 eingeweiht. Noch ein paar wenige Kilometer und wir nahmen die letzte Steigung nach Solvang rauf in Angriff. Kurz und nicht heftig. Die Autoschlange liess darauf schliessen, dass da oben etwas ganz besonderes sein musste. Und es war so. Touris ohne Ende. Das Städtchen ist aber auch wirklich sehenswert. Es ist total auf dänisch eingestellt, die Einwohner sind fast ausnahmslos aus Dänemark und dementsprechend wird auch die dänische Tradition hoch gehalten. Überall hat es Biergärten und vorallem für süsse Leute wäre das etwas. Bakery an Bakery reihen sich hier aneinander, aber auch ein Weihnachtsshop findet man – Weihnachten ist ja bald. Beachtet die Tracht, die die Lady im Laden drin trägt. Hier wird noch sehr viel Tradition gepflegt. Wir können jedem empfehlen, der in der Nähe von LA oder SF oder auch Santa Barbara ist, diesen Abstecher nach Solvang zu machen. Ganz, ganz reizend, dieses Städtchen.
Nun können wir die nächsten Tage locker angehen, denn durch die ungewollten drei Ruhetage infolge der Waldbrände haben wir ziemlich Zeit gewonnen, die wir jetzt noch „verbraten“ müssen. Wir wollen ja nicht eine ganze Woche in San Diego rumhängen, sondern machen nun „Ferien“ an den schönen Küsteorten und geniessen das Meer. Apropos Waldbrände – auch hier in der Nähe hat es immer noch ein aktives Wildfire. Doch wir haben unsere Route so gewählt, dass wir dieses Mal ohne Probleme durchkommen. In ganz Kalifornien brennt es auch immer noch an verschiedenen Orten. Dass die Feuerwehr immer Gewehr bei Fuss steht, ist also sehr verständlich.
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