Letzte Berichterstattung

Was wir bis und in Santa Barbara erlebt haben, habe ich ja schon im letzten Bericht geschrieben. Wir genossen also unseren Ruhetag, um am anderen Morgen frisch gestärkt die Weiterfahrt in Angriff zu nehmen. Übrigens, wenn die Fotos einen Schleier haben, liegt das nicht an der Kamera, sondern am Klima hier. Am Morgen – und das haben wir auf unseren früheren Reisen auch schon festgestellt – ist es an der Küste meistens kalt und neblig. Und da es ja der Küste entlang Hügel hat, sieht man oben bereits ein bisschen blau durchscheinen und auch das wissen wir, dass es hinter diesen Bergen sonnig und heiss ist. Wir bummelten am Ruhetag-Abend nochmals durch Santa Barbara und da konnte ich endlich die Schlangenfrau aufs Foto bannen. Ich habe mich lieber etwas entfernt gehalten, Boas sind nicht so mein Ding. Es  gibt allerhand von Leuten, auch im schönen Städtchen Santa Barbara. Da, wo viele Touristen sind, zieht es halt auch andere an. Also, wir fuhren am morgen los, wie immer mit Nebel, der weit aus den Hügeln herunterhing. Allerdings konnten wir auf Jacke und Gilet verzichten, es war schwül-warm und feucht. Diese Tour war locker und führte uns die meiste Zeit dem Pazifik entlang. Bald schon erblickten wir die ersten Seehunde, leider sind sie so schnell mit auftauchen und wieder untertauchen, dass mir keine gescheite Foto gelungen ist. Wenn man die Küste rauffährt, so trifft man weiter oben nach Santa Barbara ganze Kolonien von Seehunden und See-Elephanten, die sich im Sand und auf den Steinen sonnen und einen Höllenlärm veranstalten. Diese Kolonien habe ich vor zehn und auch vor zwei Jahren sehr oft fotografiert. Es war also wunderschön dem Meer entlang, das Rauschen der Wellen begleitete uns und wir genossen die Fahrt. Der nächste Etappenort war Oxnard. Das Hotel war etwas im Lauch draussen, wir fürchteten schon, wir müssten auf unser Nachtessen verzichten. Aber gleich um die Ecke gab es einen Mexikaner und der servierte mir einen herrlichen, ganz gebratenen Red Snapper. Überhaupt, uns ist aufgefallen, dass wir im Hinterland praktisch nur auf Mexikaner getroffen sind, jetzt sieht man kaum mehr welche und dies, obwohl die Grenze zu Mexico so nahe ist. Vielleicht ist ja gerade dies der Grund? Gespannt, wie es wohl in LA an der Venice Beach sein würde, fuhren wir am anderen Morgen los. Vorbei ging es an Traumvillen, Jachthäfen mit Booten, da können wir nur träumen davon (obwohl, da sind wir uns einig – wir möchten kein Boot) und Autohäusern mit Autos im Wert von mehreren Millionen. Eine solche Schatzkiste hat uns auch mal überholt. Théo hat gemeint, dieses Auto würde eine halbe Million kosten. Man merkte, man ist hier in der Gegend von Malibu, Santa Monica und LA. Wir kamen auch an der Getty Villa vorbei. Die haben offenbar etwas Probleme, der Hang droht abzurutschen. Schön war, wir mussten nicht in der Steinwüste (Los Angeles) innen fahren, sondern es gibt wirklich einen tollen Radweg, alles im Sand und am Meer. Schliesslich erreichten wir die Venice Beach und waren auf unser Hotel gespannt. Wir hatten in einem uralten Historic Hotel, Baujahr 1912, direkt an der Beach gebucht und etwas ein mulmiges Gefühl. Welche Überraschung. Ein tiptop sauberes Zimmer, ein Spiegelschrank, der so gross war, dass wir unsere Velos wie schon die Nacht vorher darin versorgen konnten (statt Kleidern). Zwar wirklich historic, den Heizkörper und den Lift musste ich einfach fotografieren. Ist sicher beides aus der Anfangszeit. Aber die Lage war super, wir hatten zehn Meter zum Strand. Am Nachmittag flanierten noch viele Leute der Beach entlang, wobei es nicht mehr ist wie noch vor zehn Jahren. Sehr, sehr viele abgewrackte Typen, dazu liegt ein Duft von Hasch in der Luft, den man kaum mehr loswird und auch wirkliche Touristen kommen nicht mehr so viele. Das war jedenfalls unser Eindruck. Aber wir wollten das wirklich nochmals erleben. Und wir hatten ein Erlebnis, das uns sehr zu denken gegeben hat. Wir sassen bei einem Italiener draussen, zwei Tische nebenan sass ein netter, gutgekleideter Herr und hat Austern gegessen, dazu ein Bier getrunken. Nun musste er kurz austreten. In dieser Zeit kam ein im russischen Militärstil angezogener Junkie, nahm das halbvolle Glas des Herrn, trank es aus und schaute noch, ob es in der Flasche noch etwas hat. Wir waren sprachlos. Der Herr kam dann zurück und wunderte sich über sein leeres Glas. Wir haben ihm dann gesagt, dass ein Junkie sein Bier ausgetrunken hätte. Er hat sich dann zweimal für unsere Warnung bedankt.  Dem Junkie etwas zu sagen, wäre sinnlos gewesen, der war so zugedröhnt, dass wir wahrscheinlich noch eine gekriegt hätten. Naja, Venice Beach ist für uns genau so wie LA erledigt. Da gibt es dann viel, viel schönere Orte. Was auch immer noch interessant zum schauen ist, ist die Muscle Beach. Hier stählen die Möchtegern-Bodybuilder ihre Muskeln und hoffen, dass ihnen viele Leute zuschauen. Übrigens – der oder die KlavierspielerIn (wir fanden nicht heraus, ob weiblich oder männlich) spielte ausgezeichnet.

 

Bei unserer Abfahrt am anderen Morgen war die Beach ausser den Homeless-People leer, fast kein Mensch in der Strasse ausser der Kehrichtabfuhr und einer Polizistin im Auto, die mit einem Mann mit Fahrrad eine heftige Diskussion hatte – er jedenfalls war sehr heftig. Auch raus aus LA konnten wir zuerst wieder auf dem Radweg fahren, dann aber ging es kilometerlang durch die Aussenquartiere. Waren wir froh, als wir endlich aus diesem Moloch raus waren. Kaum waren wir wieder an der Beach, entdeckte Théo die ersten Delphine. Die schwammen munter relativ nahe am Strand, tauchten auf und dann wieder runter. Es war ein herrliches Bild. Auch Pelikane haben wir wieder gesehen. Und Streifenhörnchen. Die sind in Amerika eine richtige Plage.  

 

Und dass es Freitag war, haben wir am Verkehr gespürt. Ab mittag ist hier Feierabend, da wird das Wohnmobil, das Surfbrett, der Grill und weiss nicht was alles noch gesattelt und ab geht’s fürs Wochenende an die Beach. Die ganz vergifteten Surfer gehen schon morgens um fünf, sechs Uhr aufs Wasser! In Laguna Beach bekamen wir ein Zimmer (natürlich gegen Aufpreis) im 2. Stock mit Balkon und Meersicht. Wir konnten nachts die Türe offenlassen und das Rauschen der Wellen wiegte einem herrlich in den Schlaf. Natürlich besuchten wir nach unserer Ankunft auch das Roof Top, ein Restaurant, in dem wir vor zehn Jahren auch schon den Abend verbracht hatten. Die Bar ist ganz oben auf dem Dach und der Ausblick ist einfach wunderbar.

 

Am Samstag fuhren wir dann nach Oceanside. Vor zwei Jahren trafen wir hier die RAAM Teilnehmer aus der Schweiz (Race across America). Auch hier wieder viele Leute. Was extrem auffällt, sind die vielen Standup Paddler. Wir wussten, es ist der zweitletzte Tag von unserer Reise. Wir freuten uns auf die Fahrt nach San Diego, obwohl wir wussten, es hat noch einen Berg dazwischen. Und er war wie früher schon, immer noch da. Wir haben ja die Strecke San Diego – Los Angeles und umgekehrt bereits viermal gemacht. Im 2008 führte uns unsere Reise von Quebeq nach Vancouver und runter nach San Diego. Damals gab es noch keine direkte Flugverbindung nach Zürich, sodass wir halt die Strecke San Diego – Los Angeles nochmals mit demVelo fuhren. Der Zug hielt zwar direkt vor unserem Hotel, aber das wäre uns gegen den Strich gegangen, mit der Eisenbachn zurück nach Los Angeles zu fahren. Und vor zwei Jahren sind wir ja bei unserer USA Umrundung auch wieder SD – LA gefahren. Somit also mit der diesjährigen Tour vier Mal. Es war Wochenende und da war alles, was etwas auf sich hält, sportlich unterwegs. Viele Velogruppen mit Frauen, gemischt, Männer…. Einfach alles. Oder Surfer und dies, obwohl La Jolla Beach für zwei Tage wegen Hai-Alarm gesperrt war. Ein Hai hatte einen Buben angegriffen und dann wird gleich alles blockiert. Trotzdem hatte es extrem viele Leute im Wasser. Und natürlich nicht zu vergessen, die Jogger. Tausende, viele halb tot, andere flott unterwegs…. Irgendwo auf der Strecke überholte uns ein Pärchen mit den Rennvelos. Sie toll angezogen, er eigentlich auch, aber was hatte der? Der hatte sich einen gestrickten Schal um den Mund gebunden. Ich glaube, ich wäre gestorben vor lauter Atemnot. Die beiden überholten uns also, wir haben dann auch gesehen, was sie für eine Nationalität hatten ja, ja, mit J fängt das Wort an *grins*. Bald aber war fertig mit Speed. Still und leise hängten sie sich hinter uns und ich glaube, die blieben sicher 20 km lang unsere Verfolger. Um uns wieder zu überholen, dazu reichte es nicht, bei leichten Steigungen hatte ich eh das Gefühl, der kippt jetzt dann grad, so war er am Keuchen. Man beachte, die Rennvelos und kein Gepäck und wir 25 bis 28 Kilo schwere Bikes mit Gepäck. Und dazu noch etwa 40 Jahre älter. Wir kamen dann also an die uns bekannte Steigung. Oben stand in einer Parkbucht ein grösserer Van, der mit allerlei Dingen angeschrieben war. Daneben einige Rennradler. Der Fahrer des Van und seine Frau hielten uns auf und wollten wissen, was wir machen. Sie waren in der Organisation eine Spendenfahrt für MS Kranke und erzählten uns, dass sie bis jetzt schon 69 Millionen Dollar für diesen Verein gesammelt hätten. Natürlich mussten wir haarklein erzählen, was wir so gemacht hatten, auch die früheren Reisen und sie luden uns gleich ein, nächstes Jahr mitzumachen. Wir haben dann nur gegrinst, denn das ist kein Thema mehr. Dazu aber mehr am Schluss. Nach dem obligaten Selfie mit uns verabschiedeten wir uns und fuhren weiter, wurden aber bald von einer Gruppe eingeholt, dessen einer Fahrer sich mit Théo unterhielt und ein älterer (jünger als ich) mit mir. Diese Gruppe, das heisst, nur noch der Begleiter von Théo, zeigte uns einen tollen Weg, wie wir sicher in die Stadt San Diego reinkamen. Die anderen Fahrer konnten mit unserem Tempo nicht mithalten und mussten auch mal wieder Pause machen. Sie wären eben keine Long Distance Cycler. In San Diego haben wir ein Hotel bezogen, das zwei Monate zuvor eröffnet wurde. Das Ding, das in der Fotogalerie am Schluss gezeigt wird, ist Ceasar – der Roboter. Man kann vom Zimmer aus etwas aus der Lobby bestellen und Ceasar bringt es einem ins Zimmer, egal, ob man im Erdgeschoss oder wie wir im 6, Stock wohnen. Absolut genial.

 

Mit diesem Bericht schliessen wir unsere Reise nun ab. Sechs Wochen unterwegs und nur zweimal kurz Nieselregen, das ist doch schön. So haben wir den Sommer für uns verlängert und ich kann Euch sagen, hier in San Diego ist es heiss und feucht, wir schwitzen schon am frühen Morgen. Die ganze Tour war hart, zwar weniger Kilometer als bei den früheren Reisen, aber viel mehr Berge und viel grössere Herausforderungen. So empfinde ich es jedenfalls. Es wurde uns viel abverlangt, aber wir haben auch sehr viel erlebt und gesehen und ganz bestimmt kommt uns noch einiges in den Sinn. Dass wir auch diese Reise unfallfrei und ohne Schäden überstanden haben, dafür sind wir sehr dankbar. Auch sehr dankbar sind wir unserer Familie zuhause, die das B&B in unserem Sinne mit vielen Gästen geführt und zu Haus, Katze und Garten geschaut haben. Ohne sie könnten wir solche Unternehmungen gar nicht machen. Nun steht bald der Winter vor der Tür und ich habe mir vorgenommen, von allen drei Reisen je ein Buch zu erstellen mit den Texten von damals und heute und allen Fotos.

 

Eines aber ist gewiss: das war das letzte Mal, dass wir mit dem Rad in den USA und Kanada herumfahren. Wir haben so viel abgekarrt, dass es nun reicht. Sicher werden wir nochmals  die USA und Kanada besuchen, aber nur noch mit Wohnmobil oder Auto. Alaska steht bei uns ganz zuoberst auf der Liste, Vancouver Island ebenso sowie der Osten von Kanada. Aber zuerst werden wir nun unsere Wohnung in Flims geniessen, wieder mal ins Südtirol fahren und nächstes Jahr endlich Dubai und die Malediven besuchen.

 

In diesem Sinne grüssen wir alle unsere treuen Leserinnen und Leser, danken Euch für die vielen Kommentare auf allen unseren Medien und wünschen Euch einen wunderschönen Herbst. Und wenn Ihr noch mehr über unsere Reise erfahren wollt, Ihr wisst, wo wir zuhause sind. Bei uns sind alle Freunde willkommen. Wir geniessen nun noch ein paar Tage San Diego, bevor wir am Freitag wieder in der Schweiz eintreffen.

 

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Kommentare: 2
  • #1

    Wolfgang (Dienstag, 02 Oktober 2018 08:53)

    Hallo ihr beiden
    Willkommen wieder zu Hause.
    Geniesst noch eure letzten Tage bevor ihr die Rückreise antretet.
    Wir haben eure interessante Berichterstattung stets verfolgt und freuen uns, wenn ihr uns noch mehr über die Reise erzählen könnt.
    Bis dann, guten Flug und liebe Grüsse
    Wolfgang & Regula

  • #2

    Ruth Z. (Freitag, 05 Oktober 2018 08:51)

    Guten Tag ihr Beiden.
    Nun hab ich den letzten Bericht, wie immer interessant und lang, auch noch gelesen. Ich freue mich sehr, dass ihr mich habt teilhaben lassen an euren Reiseerlebnissen.
    Nun seid ihr ja bereits zu Hause.
    Alles Gute und Liebe für euch. ��
    Ruth